Die "Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt" ist erstmals als Bürgerbündnis im Juli 2016 zusammengetreten und hat sich am 24. April 2018 als Verein gegründet. Die Eintragung beim Amtsgericht ist noch in Arbeit. Vorbild und Namenspatron war die "Aktionsgemeinschaft Opernhaus Frankfurt e.V.", welche sich seit 1964 erfolgreich für einen Wiederaufbau der Alten Oper einsetzte. Denn auch beim alten Schauspielhaus handelt es sich um eine Ruine, die in Teilen noch erhalten und durch weitere Baumaßnahmen in ihrem Bestand gefährdet ist.
Die neue Aktionsgeminschaft Schauspielhaus wird von einem Vorstand geleitet, der sich aus bekannten und engagierten Persönlichkeiten zusammensetzt. Diese repräsentieren zudem die verschiedensten Berufs- und Altersgruppen und bilden somit in hohem Maße einen Querschnitt der Frankfurter Gesellschaft.
Bei der gutbesuchten Eröffnungs-Pressekonferenz am 8. Mai 2018 im Frankfurter Presse Club FBC
Der Vorstand ab dem 21. März 2020:
Vorsitzender: Tobias Rüger, Jazzmusiker (2. v. l.)
Stellvertretender Vorsitzender: Thomas Mann MdEP a. D., Vorsitzender der Europa-Union Hessen (Bild unten links)
Schatzmeister: Waltraud Harra, Versicherungskauffrau (1. v. r.)
Beisitzer: Ingrid El Sigai, Schauspielerin und Moderatorin (mitte)
Beisitzer: Peter Weihnacht, Oberstudienrat a.D. (2. v. r)
Beisitzer: Jörg Harbrecht, Lehrer für Kunst und Geschichte (Bild unten rechts)
Beisitzer: Ursula Plahusch, Pensionärin (1. v. l.)
Meinungen:
Peter Weihnacht
Oberstudienrat i.R.
Beisitzer "Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt"
"Es gibt eigentlich nur einen Grund, den ich immer wieder höre, warum die Schauspiel-Oper-Doppelanlage von 1962 erhalten werden sollte:`Wir haben uns daran gewöhnt´. Natürlich kann man sich an Hässlichkeit auch gewöhnen. Aber kann das wirklich hier der Maßstab sein? Ich meine nein.
Stattdessen lohnt ein kritisches Hinterfragen, wie es zu dieser Nachkriegs-Bausünde kam. Wir hören immer wieder von einem "demokratischem Baustil" und "Architektur des Aufbruchs". Tatsächlich aber ist dieses Haus weder transparent, denn Glas spiegelt und reflektiert in den meisten Fällen. Noch ist es demokratisch, denn die chromumfassten Eingangstüren von Schauspiel und Oper wirken eher steril-abweisend und sind die meiste Zeit des Tages verschlossen. Nur wer ein Ticket löst, darf hineintreten. Für Behinderte ist der Zutritt erst recht eine Zumutung. Beim Bau des Apel-Gebäudes handelt es sich nach meinem Empfinden eher um "Verdrängungsarchitektur". Mit seiner Geschichte wollte man sich nicht mehr beschäftigen, schon gar nicht mit der jüngsten. Alles Vorangegangene sollte an einer kompromisslos abwaschbar-modernen Architektur gesunden. Welch ein Selbstbetrug!
Mein Gott, was haben wir mit dem Seeling-Bau von 1902 verloren. Welche Pracht des Neorenaissance! Keine Spur von Kaiser-Wilhelm oder Pickelhaube, stattdessen Abbildungen des Frankfurter Stadtpatrons Goethe und des Vertreters der Freiheit, Schiller. Frankfurter Wappen statt Reichsadler. Schwäne statt Adler. Pantherquadriga statt Siegesgöttin. Francofurtia statt Victoria. Dieses Gebäude atmete trotz seines Berliner Architekten Seeling Frankfurter Freiheitsgeist und bürgerliche Liberalität. Offen gestaltet mit einem Lustgarten und prachtvollen Kolonaden, durch die ein jeder hineinschreiten und sich an der reizenden Architektur laben konnte. Das alte Schauspielhaus fehlt uns und sollte wieder freigelegt und vervollständigt werden. Dafür setze ich mich ein!"
Constantin Graf von Plettenberg
Dipl.- Kaufmann und Finanzberatung
Ehemaliger stellv. Vorsitzender "Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt"
"In letzter Zeit bin ich mehrfach gefragt worden, warum ich mich für den Seeling-Bau von 1902 einsetze:
1. Es geht mir besonders um die Lesbarkeit der Stadtgeschichte. Es gab ja nicht nur immense Zerstörungen im 2. Weltkrieg - viele gute Gebäude, die man danach hätte wiederherstellen können, gingen zusätzlich im sogenannten „Nachkrieg“, also im Rahmen der modernen Stadtplanung (die autogerechte Stadt, Wohnen außerhalb der Altstädte in maßstablosen überdimensionierten Betonburgen, ins Zentrum geht man nur zum Einkaufen etc.), in den Folgejahrzehnten unwiederbringlich verloren:
- Geschichte und kulturelle Identität sollten nichts mehr wert sein! Das seit Jahrhunderten fruchtbare Zusammenspiel von Architektur, Bildhauerei und Malerei hatte ausgedient. Nur die monumentale gesichtslose Moderne sei gut und zukunftsweisend!
- Der Trend ist glücklicherweise seit Jahren umgekehrt: die Wiederherstellung von historischen Gebäuden (Berlin, Dresden, Potsdam, Hannover-Herrenhausen, Hildesheim (Knochenhaueramtshaus 1986 ff.) etc.), bis hin zu ganzen Stadtviertel sind in der interessierten Öffentlichkeit hoch willkommen!
2. Es geht des weiteren um Identität und urbanes Lebensgefühl. Gebäude wollen auch immer an etwas erinnern. So hat man bspw. gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Frankfurter Rathaus erweitert und dabei auch die Fassaden zum Römerberg hin neugestaltet. Den Stadtvätern ging es damals darum, an Frankfurt als Reichsstadt und an die Wahl- und Krönungsstadt zu erinnern. Das Dekorationsprogramm des Neubaues sollte die Bürgerschaft daran erinnern, dass die Stadt ab 1815 eine Freie Stadt war, also über sich selbst bestimmen konnte, ein Privileg, das zunächst 1866 mit der Annektion durch Preußen enden sollte.
3. Analog hier der Seeling-Bau, der ohne den bedeutenden Politiker, Verleger, Mäzen und Juden Leopold Sonnemann gar nicht denkbar gewesen wäre. Ebenso wenig wie die Alte Oper, der Palmengarten und der Frankfurter Hof. Auf diese Baujuwelen sind wir heute, wenn auch teilweise rekonstruiert, (wieder) stolz. Diese sind qualitätvolle Beispiele der Bauepoche der Gründerzeit und stehen für prägnante innerstädtische Orientierungspunkte.
4. Der wiederherzustellende Seeling-Bau von 1902, der im aktuellen Apel-Bau in Teilen erhalten ist (Neo-Renaissance (aussen) und Jugendstil (innen)), würde an Frankfurts Demokratische Moderne erinnern. Nachdem bspw. das im Krieg nur beschädigte Schumann-Theater gegenüber vom Hauptbahnhof mit seiner prachtvollen Jugendstilfassade um 1960 ohne Not abgerissen wurde, bekäme Frankfurt seinen 2. historischen Theaterbau zurück, was zweifellos das Stadtbild weiter aufwerten dürfte.
5. Ein letzter Aspekt an dieser Stelle: Frankfurt ist ja seit Jahrhunderten internationale Handels- und Bankenstadt. Aus der Perspektive der vielen Menschen aus dem Ausland, die hier arbeiten, ist klar, dass diese sich natürlich immer an den Eigentümlichkeiten bzw. Besonderheiten ihrer neuen Lebensumgebung orientieren wollen, ja diese geradezu suchen – der architektonisch gleichförmige bzw. austauschbare Apel-Bau dürfte hier eher wenig Begeisterung und Interesse hervorrufen, geschweige denn mithelfen Deutschland im Ausland als Kulturnation zu präsentieren."
Sevil von Kuczkowski
Marketingexpertin
Ehemalige Beisitzerin "Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus Frankfurt"
Foto: Sat 1
"Der Wiederaufbau des Frankfurter Schauspielhauses ist eine tolle Idee, die ich aktiv unterstütze. Als ich vor einigen Jahren zum ersten Mal alte Fotos dieses Neorenaissance-Baus sah, dachte ich sofort: Wow, das hat einmal am Willy-Brandt-Platz gestanden? Unglaublich. Dieses schöne Gebäude muss einfach wieder her.
Heute gehört der Willy-Brandt-Platz für mich zu den trostlosesten Plätzen Frankfurts. Kaum zu glauben, daß er erst vor Jahren für viele Millionen Euro saniert wurde. Man könnte nun noch einmal Millionen investeren und sogar Gehwegplatten aus Gold verlegen: Der Platz bleibt ein hässlicher, zugiger Unort. Stadtplaner sollten erkennen, daß ein Platz seine Qualität durch die Gebäude erlangt, die ihn umgeben. Und da ist mit der Theaterdoppelanlage Hopfen und Malz verloren. Kaum zu glauben, daß dieser Kasten tatsächlich noch einmal für viele Steuermillionen saniert werden oder sogar noch ein Stockwerk draufgesattelt werden soll. Das alles macht keinen Sinn und ist nicht zukunftsweisend. Wir alle sollten erkennen: Dieses Gebäude hat seine beste Zeit hinter sich und es ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Durch ihn pfeifft der Wind der 60er Jahre, in denen man noch am Nierentisch hinter großen Glasscheiben saß, an seiner HB zog und raus auf die autogerechte Stadt blickte.
Wie viel zeitloser ist da die Architektur des Seeling-Baus von 1902: Das Gebäude strahlt Selbstbewustsein aus und wirkt zugleich verspielt und romantisch. Das Auge verliert sich in hundert kleinen Details. Im Prächtigen Foyer sollen sich einmal die Theatergäste treffen. Dazu braucht man keine riesigen Fensterscheiben, denn man trifft sich ja im Foyer, um mit anderen zu kommunizieren und nicht, um auf die Stadt zu glotzen. Nach der Veranstaltung geht es raus in den grünen "Lustgarten" mit vielen hundert Sitzplätzen oder vor die Kolonnaden, wo noch einmal 150 Sitzplätze bereit stehen. Hier vermischen sich künftig Theaterbesucher mit Nachtschwärmern und Touristen. Ensemble-Mtglieder könnten dort kleine Kostproben ihrer Stücke geben, wie dies schon in Mainz praktiziert wird, um neue Theaterbesucher zu gewinnen.
Vor allem jüngere Menschen lieben historische Architektur. Das wird ein sensationelles Stadt-Erlebnis rund um eine prachtvoll beleuchtete Kultur-Ikone. Ich bin mir sicher, daß das Schauspielhaus mit seinen Kolonnaden und den Außenflächen einmal der schönste Platz Frankfurts wird und sogar dem Opernplatz den Rang ablaufen könnte. Also worauf warten wir noch? Packen wirs an!"